Kalt und nass: Wann wird eine Flugzeugenteisung durchgeführt?

Das Vereisungsrisiko steigt bei einer bestimmten Wetterlage an: wenn sich die Temperaturen kurz unter dem Gefrierpunkt tummeln und die Luftfeuchtigkeit einen hohen Prozentsatz erreicht. Dann setzten sich größere Wassertropfen auf der Flugzeughülle ab, laufen womöglich nach unten ab und gefrieren dabei zu gefährlichem, »wildem« Klareis. Dieses Eis auf dem Flugzeug muss unbedingt vor dem Start verschwinden, vor allem auf den Tragflächen, den Klappen und den Rudern. Nur so wird die Aerodynamik wieder vollwertig hergestellt – und das Startgewicht reduziert sich deutlich.

Auch Flugzeug und Schnee passen natürlich nicht gut zusammen. Die weiße Pracht sorgt für ganz ähnliche Probleme wie das hartgefrorene Eis. Unter dem Schnee verbirgt sich in der Regel sogar noch eine zusätzliche Eisschicht, sodass auch bei eingeschneiten Maschinen dringender Handlungsbedarf besteht. Der Schnee allein, ohne zusätzliches Eis, bringt schon ein gehöriges Gewicht mit sich und verzerrt noch dazu die windschnittigen Strukturen der Maschine. Zudem ist das Flughafenpersonal zur Winterzeit damit beschäftigt, die Start- und Landebahnen schnee- und eisfrei zu halten.

Sinkt das Quecksilber noch weiter unter 0 Grad, dann verringert sich die Vereisungsgefahr an Flugzeugen wieder. Aus den großen gefrierenden Wassertröpfchen werden winzige Tröpfchen, die eine hauchdünne Schicht Raueis bilden. Das Flugzeug bleibt damit aerodynamisch und benötigt normalerweise keine Enteisung.

Welche Methoden werden zur Enteisung verwendet?

Das Flughafenpersonal führt die Flugzeugenteisung direkt vor dem Start durch, unmittelbar danach sollte die Maschine dann abheben. Zur Anwendung gelangt entweder Heißluft oder eine Enteisungsflüssigkeit. Beides ist im Normalfall innerhalb weniger Minuten aufgebracht.

Alkohol und Glykol, aufgebracht mit fernlenkbaren Düsen

Als Enteisungsflüssigkeit dient ein Gemisch aus Glykol und Wasser mit weiteren Zusätzen. Die Mischungsverhältnisse orientieren sich an den vorhandenen Witterungsbedingungen und daran, ob noch eine weitere Schutzwirkung benötigt wird.

Die Enteisungsexperten am Airport werden sowohl auf speziell ausgerichteten Flächen, sogenannten »deicing pads« tätig, als auch auf der regulären Parkposition. Sie nutzen zur Ausführung ihres Auftrags spezielle Geräte mit großen Auslegern. An der Spitze dieser Ausleger sind ferngelenkte Düsen angebracht, die ein zielgerichtetes Besprühen ermöglichen.

Gummimatten und Luft: der Enteisungsvorgang in luftigen Höhen

Noch häufiger als auf dem Boden werden Flugzeuge in der Luft von Eis befreit: Davon bekommen die an Bord befindlichen Passagiere in der Regel gar nichts mit. Die Flugzeugenteisung konzentriert sich jetzt auf die Vorderkanten der Flügel, da sich das Eis im Flug genau dort festsetzt. Kleinmaschinen verfügen zumeist in diesem Bereich über Gummimatten, die sich mit Luft aufblasen lassen. Dehnen sich die Matten, dann platzt das Eis ganz automatisch ab. Großflugzeuge wiederum sind mit Leitungen ausgestattet, die vom Triebwerk zu den sensiblen Bereichen führen. Durch das Einblasen von Heißluft schmilzt das Eis zuverlässig.

Flugzeug wegen Enteisung verspätet: Wie steht es mit Entschädigung?

Sie haben eine Verspätung erlitten, weil das Airport-Personal unbedingt noch Ihr Flugzeug enteisen musste? In diesem Zusammenhang dürfen Sie auf eine finanzielle Entschädigung hoffen. Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen zielen stark in eine Richtung: Eine Flugzeugenteisung ist kein »außergewöhnlicher Umstand«, sondern jede Airline ist verpflichtet, sich auf die kalte Witterung entsprechend vorzubereiten. Das heißt im Klartext: Die Enteisung liegt im Verantwortungsbereich Ihrer Fluggesellschaft und somit ist diese im Schadensfall regresspflichtig.

Beachten Sie aber, dass wenige Minuten Verzögerung keine Zahlungspflicht auslösen. Erst nach drei Stunden wird rechtlich gesehen eine Entschädigung fällig – gemessen am Zeitpunkt der Ankunft, nicht des Abflugs. Im Zweifelsfall wenden Sie sich an einen seriösen Sofort-Entschädiger, um auch gegen den Widerstand der Airline an Ihr Geld zu kommen.